Konstantinos Kavafis hat der griechischen Dichtung den Weg in die Moderne eröffnet. Er steht am Anfang einer Reihe berühmter Namen, die die Weltgeltung der Lyrik Griechenlands in diesem Jahrhundert bestimmen. Der Dichter zeichnet vor dem Hintergrund eines über die Jahrhunderte gespannten Panoramas griechischer Mythologie und Historie, eines Panoramas von fremdartiger Faszination, sein zeitloses Menschenbild. In vielfältiger Variation - auf der Grundlage historischer, philosophischer und (homo)erotischer Themen - umreißen seine Gedichte den Widerstreit der Prinzipien Hoffnung und Vergeblichkeit. Seine Sprache ist recht eigenwillig und originell. Er bedient sich der griechischen Volkssprache, oft gemischt mit Archaismen.
(Quelle: Romiosini Verlag)
Kavafis (Alexandria Ägypten 1863-1933) wurde als neuntes und letztes Kind in eine griechische Kaufmannsfamilie hineingeboren, die in Alexandria - eine Stadt griechischen Ursprungs - mit dem Handel ägyptischer Baumwolle zu Reichtum gekommen war. Nach dem Tod des Vaters übersiedelte im Jahr 1872 die Mutter mit den Kindern nach England, wo Kavafis eine englische Schule besuchte. 1877 kehrt die Familie nach Alexandria zurück. Kavafis nimmt eine kaufmännische Ausbildung und studiert die Schriften griechischer Autoren der Antike und der byzantinischen Zeit. 1889 nimmt er eine Stellung als Sekretär im Amt für Wasserwirtschaft des Ministeriums für Öffentliche Bauten an. Er arbeitete 30 Jahre lang als Angestellter und führte ein nach außen hin unauffälliges, gleichförmiges Leben. Die Nächte verbrachte er in seiner Wohnung, indem er Verse schrieb. Er veröffentlichte selbst und zwar vor allem in Form von Flugblättern seine Gedichte und gab sie an Freunde weiter. Kavafis schmales Gesamtwerk von 154 Gedichten ist in viele Sprachen übertragen worden, hat in mehreren Ausgaben zahlreiche Auflagen erreicht und oft bedeutende Interpreten gefunden. In deutscher Übersetzung liegen mehr als 40 Publikationen vor.
Konstantinos Kavafis, „Brichst du auf gen Ithaka…“, Romiosini, Köln 2002. ISBN 9783923728039 (Gedichte übersetzt in deutscher Sprache von Wolfgang Josing und Doris Gundert)
Ithaka
Brichst du auf gen Ithaka,
wünsch dir eine lange Fahrt,
voller Abenteuer und Erkenntnisse.
[...]
Immer halte Ithaka im Sinn.
Dort anzukommen, ist dir vorbestimmt.
Doch beeile nur nicht deine Reise.
Besser ist, sie dauere viele Jahre;
und alt geworden lege auf der Insel an,
reich an dem, was du auf deiner Fahrt gewannst,
und hoffe nicht, dass Ithaka dir Reichtum gäbe.
Ithaka gab dir die schöne Reise.
Du wärest ohne es nicht auf die Fahrt gegangen.
Nun hat es dir nicht mehr zu geben.
Auch wenn es sich dir ärmlich zeigt, Ithaka betrog dich nicht.
So weise wie du wurdest, und in solchem Maß erfahren,
wirst du ohnedies verstanden haben, was die Ithakas bedeuten.