Jannis Ritsos ist einer der wichtigsten und berühmtesten neugriechischen Lyriker. Er ist Zeuge der politischen Katastrophen seiner Zeit. Sein Engagement als Marxist führte ihn mehrmals in die Verbannung und ins Gefängnis. Seine literarische Produktion ist thematisch zunächst durch sein soziales Engagement gekennzeichnet. So wurden beispielsweise seine von M. Theodorakis vertonten Gedichte an den 60er Jahren symbolisch für die linke Bewegung und den Widerstand. In seinem Spätwerk tritt der soziale Aspekt zugunsten einer philosophischen Betrachtungsweise zurück. Seine Poesie ist von der traditionellen griechischen Lyrik und dem antiken Mythos sowie von den französischen Avantgardisten beeinflusst.
(Quelle: Romiosini Verlag)
Jannis Ritsos (1909 Monemvasia Peloponnes – 1990 Athen) erlebt als Kind tragische Ereignisse, die ihn persönlich und sein späteres Werk markieren. Seine Lektüren verstärken in ihm den Drang, Dichter zu werden und Revolutionär. Seit 1931 steht er der K.K.E., der kommunistischen Partei Griechenlands, nah. Ab 1942 verdeutlicht Ritsos erstmals seine Bindung an den griechischen Geistesraum, das "Griechentum" als Inhaber des geschichtlichen Gedächtnisses, und dieses "Romiosini" wird sein ganzes zukünftiges Werk durchtränken. Während des Bürgerkrieges kämpft Ritsos gegen die faschistische Rechte ein, was ihm vier Jahre Gefangenschaft in verschiedenen "Rehabilitations-Lagern“ einbringt. Es folgen die großen Werke seiner Reifezeit. 1956 bekommt er die erste öffentliche Anerkennung, den Staatspreis für Lyrik. Die Militärjunta verbannt Ritsos zwischen 1967 und 1971 erneut auf zwei Konzentrationsinseln. 1968 wurde er für den Nobelpreis nominiert und 1977 bekommt er den Internationalen Lenin-Friedenspreis. Sein veröffentlichtes literarisches Werk besteht aus über 100 Veröffentlichungen in Buchform. In deutscher Übersetzung liegen mehr als 40 Publikationen vor.
Aus „12 Gedichte zu Kavafis“ (Aus dem Griechischen von Niki Eideneier, Romiosini Verlag, Köln, 2009, ISBN 978-3-929889-88-8)
Wert-Schätzung (Αξιοποίηση)
Er, der verstorben ist, war in der Tat hervorragend,
einzigartig; er hinterließ uns ein wunderbares Maß
um uns zu messen und vor allem zu messen
unseren Nachbarn; - der eine gerade nur so groß,
eben sehr klein, der andere schmächtig, der dritte
lang wie auf Stelzen; niemand
irgendwie wertvoll; nichts aber auch nichts.
Allein wir, die würdig dieses Maß benutzen
aber von welchem Maß sprecht ihr? –
das ist die Rachegöttin, des Erzengels Schwert,
wir schlieffen es bereits und sind nun in der Lage,
sie der Reihe nach zu köpfen, alle.