Nach wie vor zählt Mykene zu den am meisten besuchten archäologischen Stätten Griechenlands. Und trotz der Besucherströme, die sich Tag für Tag durch das berühmte Löwentor wälzen und sich dankbar im Schatten an der Kyklopenmauer anlehnen, während sie sich von den Fremdenführern das Wissenswerte erzählen lassen, hat der Ort auch für Individualreisende nichts von seiner magischen Anziehungskraft verloren.
Jedes Mal aufs Neue ergreift einen der Schauder, wenn man auf dem steinigen Weg steht, auf dem der siegreiche Agamemnon nach dem trojanischen Krieg heimkehrte, um von seiner Frau und seinem Nebenbuhler heimtückisch erdolcht zu werden.
Hier erlebt man nicht die lichte und heilende Seite des alten Griechenlands wie ein paar Kilometer weiter in Epidauros. Hier ist der Ort der blutigen Morde, der Ort, über dem der Fluch der barbarischen Wildheit zu spüren ist, der über dem Geschlecht der Pelopiden lag und selbst die Sonne, der man auf dem Burgberg schutzlos preisgegeben ist, brennt hier unbarmherzig auf die Köpfe der Besucher.
Aber weshalb einen Beitrag über Mykene, das fast jeder Griechenlandreisende schon einmal besucht hat?
Weil es in Mykene seit kurzem Schatten gibt, könnte man antworten. Und nicht nur das, es gibt sogar sehr viel zu sehen an diesem Schattenplatz.
Bei diesem sehr besonderen Schattenplatz handelt es sich um das neue Museum von Mykene, das wir Ihnen vorstellen wollen.
Es befindet sich direkt am Ausgrabungsgelände und wurde im letzten Jahr eröffnet.
Nun sind nach langer Zeit die von Heinrich Schliemann hier ausgegrabenen Schätze an ihren Fundort zurückgekehrt und der Besucher muss nicht mehr die Museen von Athen oder Nafplio aufsuchen, um sie zu bewundern.
Der flache Bau des Museums fügt sich harmonisch und organisch in die Umgebung ein und ist von einem kleinen Garten umrahmt. Die Muster der Platten des Vorplatzes lehnen sich an die Formen der geometrischen Epoche an.
Im Inneren des Museums sind über 2500 Fundstücke ausgestellt, die während der seit 1876 andauernden Ausgrabungen in Mykene und in der näheren Umgebung gefunden wurden.
Gezeigt werden auf zwei Etagen vielerlei keramische Gegenstände, Metall- und Elfenbeinarbeiten sowie herausragende Beispiele der Goldschmiedekunst.
Die Funde werden sehr ansprechend in Gruppen präsentiert und ermöglichen es dem Besucher, sich ein umfassendes Bild von der mykenischen Kultur zu machen.
Die Ausstellungsstücke sind in vier Einheiten gegliedert. Im Vestibül befindet sich ein dreidimensionales Modell der Burg von Mykene und der näheren Umgebung, außerdem werden die Mythen von Mykene und die Beschreibungen verschiedener Besucher und die Ausgrabungsgeschichte des Ortes präsentiert.
Im ersten Ausstellungsraum befinden sich Funde, die im Bereich in und um die Burg ausgegraben wurden. Im Korridor zum zweiten Raum werden prähistorische Grabtypen gezeigt, die der Einstimmung auf die Ausstellungsstücke des zweiten Raumes dienen. Hier sind nun Grabbeigaben aus den Gräbern chronologisch geordnet zu sehen.
In einem separaten Schrein sind Kopien von Grabbeigaben ausgestellt, deren Originale sich im Archäologischen Nationalmuseum in Athen befinden.
Der dritte Raum zeigt Funde aus der Besiedlungszeit der historischen Epoche und eine Sammlung von mykenischen Münzen. Der letzte Teil der Ausstellung ist der Darstellung der Einzigartigkeit der mykenischen Zivilisation gewidmet. Religion, Handel, Verwaltung, Kunst und Technologie werden hier vorgestellt, außerdem die erste Schrift in griechischer Sprache.
Im Korridor zum Ausgang schließlich werden Beispiele der mykenischen Architektur präsentiert.
Die Ausstellung ist so anregend gestaltet, die Funde so sehenswert, dass man selbst eingefleischten Mykene-Kennern raten kann, mal wieder hinzufahren. Es lohnt sich.