Nahezu unbekannt und versteckt zwischen den Häuserschluchten der Hafenstadt liegt das Archäologische Museum von Piräus in der Harilaou Trikoupi-Straße, in der Nähe des Passalimani-Hafens. Dabei sind hier einige Kunstwerke von einzigartigem Rang zu sehen. Deshalb unternehmen wir einen kleinen Rundgang durch das Museum, um die wichtigsten Ausstellungsstücke vorzustellen und damit die Leser und Leserinnen auf die hier ausgestellten Kostbarkeiten aufmerksam zu machen. Und um sie vielleicht dazu anzuregen, dieses sehenswerte Museum einmal selbst zu besuchen …
Das Archäologische Museum von Piräus ging zunächst aus einer Sammlung von Funden aus Ausgrabungen im antiken Piräus hervor sowie Zufallsfunden aus der Umgebung, die von Hobbyarchäologen zusammengetragen wurden. Zunächst stellte man die Funde in einer Schule aus, doch schon 1935 wurde das erste Archäologische Museum in Piräus erbaut. Es befand sich unmittelbar nördlich neben dem antiken Theater von Zea.
Da die Sammlung stetig wuchs, wurde ab 1966 ein neues, größeres Museumsgebäude geplant, das neben dem alten Gebäude liegt und eine Verbindung zu ihm besitzt. Die Anlagen des Museums umschließen das antike Theater nun von drei Seiten. 1981 wurde das neue Gebäude eröffnet, in dem die Funde auf zwei Stockwerken in zehn Räumen ausgestellt sind. Die alten Museumsräume werden seitdem als Lager verwendet. 1998 wurde die Ausstellung neu angeordnet und durch Keramiken und Werke der Kleinkunst ergänzt.
Inzwischen sind im Archäologischen Museum von Piräus Funde von der prähistorischen bis in die römische Zeit zu sehen, darunter Kunstwerke von einzigartigem Rang, aber auch Alltagsgegenstände und Gegenstände aus der Seefahrt, die ein eindrucksvolles Bild vom Leben in einer Hafenstadt in der Antike vermitteln. Die Funde stammen unter anderem von Piräus und der näheren Umgebung, vom alten Friedhof der Stadt, von einem in Piräus gefundenen römischen Schiffswrack und vom Mounichia-Tempel.
Will man die Ausstellung in chronologischer Reihenfolge besichtigen, beginnt man am besten in der oberen Etage.
Gleich im Vorraum ist der bronzene Schiffsschnabel einer Triere aus dem 4. Jh. v. Chr. zu bewundern, ein in seiner Größe und für seine Zeit einzigartiges Stück. Gleich daneben ein sehr gut erhaltenes Marmorauge von einer Triere und mehrere pyramidenförmige Steinanker. Einen wichtigen Fund stellt ein metrisches Relief dar mit Maßangaben für „Fuß“ und „Spanne“. Interessant ist auch ein Marmortisch mit Öffnungen in verschiedenen Größen, die zur Kontrolle von Flüssigkeitsmaßen dienten.
Der zweite Raum beherbergt Vasen aus dem Zeitraum von 1500 - 300 v. Chr., darunter eine reichhaltige Sammlung attischer Keramiken.
Im dritten und vierten Saal befinden sich vier sehr beeindruckende Bronzestatuen aus dem 5. und 4. Jh. v. Chr., die zu den weltweit nur etwa 35 erhaltenen antiken Statuen dieser Art zählen.
Die berühmte, 1,95 m große Apollonstatue ist der einzige erhaltene Bronzekouros und gilt als die älteste gegossene griechische Statue. Der Gott hat einen ernsten Blick und hielt in der vorgestreckten rechten Hand vermutlich eine Opferschale.
Die drei anderen Bronzestatuen stammen vermutlich aus dem 4. Jh. v. Chr. und gehören somit einer anderen Epoche der antiken griechischen Plastik an. Sehr eindrucksvoll ist die 1,94 m große Statue der Artemis mit einem reich gefältelten Chiton, die im Stil den Darstellungen des 5. Jhs. v. Chr. ähnelt. Gegenüber ist eine weitere, mit 1,55 m etwas kleinere, Statue der Artemis zu bewundern. Dazwischen steht eine 2,35 m große Statue der Athena im Peplos, die einen korinthischen Helm trägt.
Raum 5 beherbergt ein wiederhergestelltes antikes Heiligtum. In der Mitte der Naiskos mit einem in Moschato gefundenen, aus dem 4. Jh. v. Chr. stammenden Kultbild der Muttergöttin Kybele, vermutlich eine von einem Schüler des Phidias gearbeitete Kopie nach einem Original von Phidias.
Der sechste und letzte Raum des Obergeschosses zeigt eine sehenswerte Sammlung von Grabreliefs aus dem 5. und 4. Jh. v. Chr., darunter das besonders qualitätsvolle Relief eines Schauspielers, der eine tragische Maske hält.
In Raum 7 und 8 im Erdgeschoss findet man weitere Grabmonumente aus der Zeit von 350 - 307 v. Chr. Raum acht, der größte Saal des Museums, wird dominiert von dem 1968 in Kallithea gefundenen 7 m hohen monumentalen Grabmal des Metöken Nikeratos und seines Sohnes. Es entstand um 325 v. Chr. und besteht aus einem mit einer Reliefdarstellung des Amazonenkampfes gekrönten Sockel, drei Stufen mit Relief und einem von zwei ionischen Säulen flankierten kleinen Tempel (Naiskos). In der Mitte des Tempels steht die unbekleidete Statue des Sohnes, rechts von ihm der Vater und links ein Diener, der den Mantel des Sohnes über die Schulter gelegt hat. Das Grabmal ist ein Beispiel für den enormen Aufwand, mit dem in dieser Zeit Gräber ausgestattet wurden. Im Jahr 310 v. Chr. wurde die Aufstellung solch aufwändiger Grabmonumente von Demetrius von Phaleron verboten.
Im vorletzten Raum des Museums, Saal 9, sind Skulpturen aus der hellenistischen Zeit ausgestellt, unter anderen ein weiblicher Torso, eine sitzende Nymphe, die Statue eines Jünglings und ein lebensgroßes Porträt des Kaisers Hadrian. Eine Reihe von in Raum 9 ausgestellten Marmorreliefs stammt aus einem attischen Atelier und sollte eigentlich nach Rom transportiert werden. Doch das Schiff sank im Hafen von Piräus, wo es 1933 wiederentdeckt wurde. Raum 10 zeigt repräsentative Beispiele neu-attischer Kunst und Kunst aus der römischen Zeit vom 1. - 3. Jh. n. Chr., darunter Kopien von klassischen Werken, Grabreliefs und Stelen.
Das kleine, aber sehr eindrucksvolle Museum birgt neben den Überresten des antiken Theaters von Piräus als Prunkstück ein monumentales Grabdenkmal aus der Zeit um 330 v. Chr. Es zeigt Einflüsse des etwa zeitgleich entstandenen Mausoleums von Halikarnassos, eines der sieben Weltwunder der Antike.